von Christine Blinn, 17.01.2025, 08:05 Uhr
Lesen? Ist das nicht ein Fach aus der Grundschule? Können wir doch. Langweilig. Anstrengend. Das waren sicher so einige Gedanken, die durch die Köpfe der Zehntklässler schwirrten, als sie sich am Morgen des vergangenen Aktionstages auf den Weg zur Schule machten. Die ein oder andere dieser Annahme musste dann im Laufe des Vormittags revidiert werden, denn in drei Modulen beschäftigten sich die Schülerinnen und Schüler mit unterschiedlichsten Facetten des Lesens.
Eine Frage der Kompetenz
Dass es sich lohnt, seine eigene Lesekompetenz weiter auszubauen erfuhren die Zehner im Modul Lesekompetenz. Darin wurden sie mit wissenschaftlichen kontinuierlichen und diskontinuierlichen Texten konfrontiert, die das Komplexitätslevel von Texten exemplarisch abbildeten, mit denen sie in Oberstufe und Studium konfrontiert werden. Dabei wurde sehr schnell sehr klar, dass es mehr Strategien braucht, als einfach nur zu lesen und vielleicht Hauptaussagen zu markieren – denn in den komplexen, informationsdichten Schachtelsätzen musste man sich überhaupt erst einmal zurechtfinden. Nach Erörterung der Verstehenshürden, die sowohl durch den Text selbst als auch durch Eigenschaften des Lesers entstehen, wurden Strategien formuliert, ausprobiert und der Text letztlich in seiner Struktur verstanden und inhaltlich erfasst.
Eine Frage der Kreativität
Dass Lesen nicht nur eine stille Aktivität sein muss, zeigte das Modul Poetry Slam, bei dem die Schülerinnen und Schüler ermutigt wurden, Texte gestaltend zu präsentieren sowie eigene Texte zu verfassen. Hier war Kreativität gefragt und der Applaus der Mitschüler für den gelungenen Vortrag motivierte dann umso mehr, zumal das Vortragen vor der Klasse doch immer auch eine Portion Überwindung kostet. Vielleicht hat der eine oder andere ja nun eine zündende Idee für einen Poetry Slam Beitrag für die Abschlussfeier im Sommer.
Eine Frage der Motivation
Die Lesezeit in Bibliothek war schließlich nicht nur dazu da, Bücher und Zeitschriften zur Hand zu nehmen und interessegeleitet zu lesen, sondern beinhaltete auch ein Stummes Schreibgespräch rund ums Lesen sowie eine anonyme Leseumfrage. Dabei kam heraus, dass 37% der Zehner lesen, 13% nur für die Schule lesen und 10% gar nicht lesen. Unter den Lesern führten dann die Romane das Ranking der beliebtesten Lektüren an vor Sachbüchern und Comics. Während das Leseverhalten weniger mit Lesevorbildern aus dem eigenen Haushalt korreliert, zeigten sich klare Zusammenhänge bei der Frage nach lesenden Freunden: Leser haben eher auch Freunde, die lesen, als Nicht-Leser.
Aufschlussreich waren auch die Ergebnisse des stummen Schreibgesprächs. Impulse wie „Warum liest du (nicht)?“ „Was gibt dir das Lesen? Nenne positive Effekte“ und „Rituale, die mir helfen, häufiger zu lesen.“ luden die Klassen dazu ein, in den Austausch zu treten, indem Antworten als Mindmap schriftlich fixiert wurden, von Mitschülern kommentiert und hinterfragt werden konnten. Lesen wurde dabei auf der einen Seite als entspannend, inspirierend und eskapistisch gesehen. Auf der anderen Seite wurden Lesehürden deutlich formuliert: keine Geduld, zu wenig Aufmerksamkeit und zu wenig Dopamin. Vielleicht lassen sich einige Nicht-Leser von den positiven Effekten überzeugen, die die Leser notiert haben wie Verbesserung der Konzentrationsfähigkeit, Wissenserwerb/Verbesserung der Sprachkompetenz und Stressabbau durch innere Ruhe. Und die langen Winterabende sind doch die passende Gelegenheit, mal wieder nach einem Buch zu greifen und sich auf Langsamkeit und Stille einzulassen.